Ist es Trockenes Auge oder Allergie ???
Trockene Augen können gewisse Ähnlichkeiten mit einer Allergie an der Augenoberfläche und an den Lidern (okuläre Allergie) haben.
Vor allem wenn die Beschwerden in der typischen Zeit der Frühjahrsallergie auftreten, kann die Unterscheidung gelegentlich Schwierigkeiten bereiten. Trockene Augen und Allergie können auch gemeinsam auftreten, bzw. bei einem chronischen Trockenen Auge kann eine Allergie hinzukommen.
Meist wird dies eine vorübergehende saisonale Frühjahrs-Pollenallergie sein (saisonale allergische Conjunctivitis, SAC) - dann ist die Vermutungsdiagnose einer Allergie naheliegender. Aber auch länger dauernde oder ganzjährige Allergien (perenniale allergische Conjunctivitis, PAC) z.B. gegen Hausstaubmilben kommen vor - dann kann die Erkennung/ Diagnose einer okulären Allergie schon mehr Schwierigkeiten bereiten.
Eine Unterscheidung von Trockenen Augen und einer okulären Allergie ist sinnvoll, da die Behandlung deutlich unterschiedlich ist.
Gemeinsam ist dem Trockenen Auge und der okulären Allergie, dass in beiden Fällen eine Reizung des Auges vorliegt mit einer Störung der Stabilität des Tränenfilms und einer Schädigung der Augenoberfläche im Sinne von, an sich harmlosen, Mikroverletzungen (Stippung) der oberflächlichen Epithelschicht. Da eine Schädigung von Tränenfilm und Augenoberfläche bei beiden Erkrankungen vorkommt, können sie sich gegenseitig begünstigen.
Krankheitsentstehung - Pathophysiologie
Typisch für das Trockene Auge ist, dass zuerst eine Störung des Tränenfilms vorliegt und dadurch eine Schädigung der Oberfläche eintritt.
Bei der Allergie dagegen liegt zuerst eine Störung der Oberfläche durch die IgE vermittelte Entzündung vor, die dann auch den Tränenfilm stört. Eine chronische Schädigung der oberflächlichen Zellschicht beim Trockenen Auge, die der Augenarzt durch eine Anfärbung feststellt, kann das Risiko für den möglichen Eintritt von Stoffen in das Gewebe erhöhen, die dann leichter eine allergische Reaktion auslösen können.
Ein wesentlicher Unterschied ist, dass bei der Allergie eine überschiessende allergische Immunreaktion gegen verschiedene Stoffe aus der Umwelt vorliegt, die eigentlich harmlos sind. Dies wird durch ein körpereigenes Abwehrmolekül vermittelt – das Immunglobulin E (IgE). Hierdurch setzen Abwehrzellen (Mastzellen und Granulozyten) Histamin und andere Wirkstoffe frei. Sie lösen eine Entzündungsreaktion aus, die zu charakteristischen Veränderungen mit entsprechenden Beschwerden führen. Es kommt zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Blutgefässwände und einer Schwellung (Ödem) durch Austritt von Blutbestandteilen, zu Rötung durch verstärkte Durchblutung und zu Juckreiz durch Reizung der Nervenfasern. Das Ödem der Bindehaut (Chemosis) und die verstärkte Bildung von Tränen und Schleim führen oft zu einem typischen ´glasigen´ Erscheinungsbild bei allergischer Bindehautentzündung.
=> mehr Informationen zur okulären Allergie finden Sie in einem Fachartikel zum Thema
Unterschiedliche Beschwerden
Charakteristisch bei den Beschwerden der Allergie ist ein starker Juckreiz bei roten Augen und vermehrter Drüsensekretion mit Verschleimung und vermehrtem Tränenfluss. Meist ist die Nase mit betroffen (Rhinokonjunktivitis), so dass es dann zu einer ´laufenden Nase´ und ´triefenden Augen´ kommen kann.
Typische Beschwerden beim Trockenen Auge sind eine Trockenheit der Oberfläche mit erhöhter Reibung, Fremdkörpergefühl, Brennen und ´Schweren Lidern´. Auch das Trockene Auge kann gelegentlich, zumindest vorübergehend, zu einem erhöhten Tränenfluss führen – als paradoxes ´feuchtes Trockenes Auge´. Die Rötung ist hier meist nicht so ausgeprägt wie bei der Allergie.
Ein Juckreiz ist dagegen nicht typisch für ein Trockenes Auge. Er kann aber dennoch bei einer begleitenden chronischen Lidentzündung auftreten, vor allem wenn eine vermehrte Besiedlung mit Demodex Haarmilben vorliegt.
Diagnose der okulären Allergie
Zur Diagnose bei Verdacht auf eine Allergie kann eine Allergietestung durch einen Hautarzt oder Allergologen helfen. Gelegentlich können die allergische Reaktion und die entsprechenden Markermoleküle, wie spezifisches IgE oder erhöhte Mengen von Histamin und anderen Wirkstoffen aus Mastzellen, auf Augen und Nase beschränkt sein. Dann kann ein allergischer Hauttest (Pricktest) ohne Ergebnis bleiben obwohl am Auge dennoch eine Allergie vorliegt. In solchen Fällen können Untersuchungen des Tränenfilms ggf. eine Allergie nachweisen. Es ist auch möglich typische Allergie-auslösende Fremdstoffe (Allergene) statt an der Haut direkt am Auge einzubringen, um einen konjunktivalen ´Provokationstest´ direkt an der Bindehaut auszuführen.
Auch in der Therapie gibt es gewisse Gemeinsamkeiten zwischen Trockenem Auge und okulärer Allergie. Tränenersatzmittel haben eine gewissen Spülwirkung auf dem Auge und helfen so das entzündliche Milieu zu verdünnen. Ausserdem hilft die Schmierwirkung dabei die Reibung beim Lidschlag und so auch die Reizung zu vermindern.
Therapie der allergischen Überempfindlichkeitsreaktion
Bei der Allergie ist es unverzichtbar, eine Therapie des allergischen Geschehens durchzuführen, um eine entscheidende Besserung zu bewirken. Die Freisetzung des Histamins aus den Mastzellen kann durch Mastzellstabilisatoren vermindert werden und die Wirkung von bereits freigesetztem Histamin durch Antihistaminika.
Antihistaminika (z.B. die Wirkstoffe Emedastin, Azelastin oder Levocabastin) wirken typischerweise recht schnell innerhalb einiger Minuten.
Mastzellstabilisatoren (z.B. die Wirkstoffe Lodoxamid oder Neodocromil) dagegen, verhindern nur die Ausschüttung von weiterem Histamin während bereits freigesetztes Histamin noch einige Zeit Beschwerden verursacht - Mastzellstabilisatoren brauchen daher etwa einen Tag bis zum Wirkungseintritt.
Häufig werden Medikamente verwendet, die beide Wirkungen vereinigen (z.B. durch die Wirkstoffe Ketotifen, Olopatadin oder Epinastin; Handelsname z.B. Zaditen).
Bei trockenen Augen haben antiallergische Präparate keine Wirkung, weshalb die Behandlung eines Trockenen Auges mit Allergiemedikamenten keine Besserung ergibt. Die Behandlung einer Okulären Allergie mit Tränenersatzmitteln kann, wie dargestellt, schon eine gewisse Linderung bewirken aber die allergische Überreaktion nicht blockieren und so keine entscheidende Besserung bewirken.
Bei starker oder chronischer Allergie
Bei einer starken allergischen Reaktion, die durch übliche Therapie nicht ausreichend gebessert wird, kann erwogen werden, Antihistaminika als Tabletten zu verwenden - der bekannteste Wirkstoff ist hier vielleicht Cetirizin. Dies kann auch gleichzeitig zu einer topischen antiallergischen Augentropfen Therapie erfolgen, um die Wirkung insgesamt zu verstärken. Wenn keine hinreichende Besserung eintritt, kann eine Immuntherapie der allergischen Entzündung erwogen werden, ggf. mit Kortison Augentropfen, die aber wie auch beim Trockenen Auge nur kurzfristig gegeben werden sollten und nicht zur Dauertherapie geeignet sind. Vorzugsweise können solche Kortisone verwendet werden, die durch ihr hohes Molekulargewicht (z.B. Hydrocortison) vor allem an der Oberfläche wirken.
Wenn eine chronische okuläre Allergie vorliegt, z.B. bei ganzjährig vorkommenden Allergenen wie Hausstaubmilben, die durch Hygiene und andere Massnahmen nicht ausreichend vermindert oder gemieden werden können, kann auch eine anti-inflammatorische Therapie mit Cyclosporin A (CsA) erwogen werden, wie dies auch beim schweren Trockenen Auge angewendet wird. CsA benötigt allerdings bis zum Wirkungseintritt etwa 4-6 Wochen oder länger, so dass bis dahin typischerweise andere begleitende Therapiemassnahmen durchgeführt werden müssen.
Prinzipiell ist auch bei einer okulären Allergie, ähnlich wie bei anderen Allergien, der Versuch einer De- bzw. Hyposensibilisierung möglich, wobei über einen längeren Zeitraum geringe Dosen des auslösenden Antigens gegeben werden. Es gibt auch Patienten, die über gute Erfahrungen mit der Besserung einer Allergie durch eine sogenannte ´Neuraltherapie´ berichten - diese Methode gehört allerdings in den Bereich der Komplementärmedizin und ist teils umstritten.